Unter Hochdruck: Entwicklung einer Sauerstofffilterlösung bei 42 bar

In der Welt der industriellen Filtration beginnt eine technische Herausforderung oft mit einer simplen Anfrage – und entfaltet sich dann zu einer komplexen Ingenieuraufgabe. Genau das passierte, als ein Industriekunde sich mit folgender Anfrage an uns wandte:

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“Wir benötigen 2.500 m³/h Sauerstoff, gereinigt auf 99,9 %, durch einen 50 µm Sinterbronze-Filter, bei einem Betriebsdruck von 42 bar, 45 °C und einer maximalen Strömungsgeschwindigkeit von 0,20 m/s. Können Sie helfen?”

Diese Anfrage war der Beginn einer spannenden technischen Detektivarbeit. In diesem Beitrag zeigen wir, wie aus einer scheinbar einfachen Aufgabenstellung eine Ingenieurslösung mit sechzehn parallelen Filterelementen entstand – und was wir daraus für künftige Projekte lernen können.


Akt I – Die erste Anfrage

Die Angaben des Kunden wirkten zunächst klar und verständlich:

  • Filtermedium: Sinterbronze, 50 µm
  • Gas: Sauerstoff
  • Volumenstrom: 2.500 m³/h
  • Betriebsdruck: 42 bar (relativ)
  • Differenzdruck: max. 0,2 bar (sauber), max. 0,5 bar (verschmutzt)
  • Temperatur: 45 °C
  • Strömungsgeschwindigkeit: max. 0,2 m/s
  • Bauraum: Kappe geschlossen, 130 mm Außendurchmesser, 120 mm Innendurchmesser, 500 mm Länge

Mit einem Porenvolumen von ~0,217 m² und einer Wandstärke von 5 mm wirkte die Kappe an sich geeignet. Doch eine erste Berechnung der Strömungsgeschwindigkeit über die Formel:

v = Q / A_eff

ergab ernüchternde 3,2 m/s – also das 16-fache des erlaubten Grenzwerts. Offensichtlich stimmte etwas nicht. Wir fragten nach.


Akt II – Die fehlende Einheit

Die entscheidende Wendung kam auf unsere Rückfrage: “Gilt der Volumenstrom bei Normbedingungen (1 bar, 15 °C) oder bei Betriebsdruck?” Die Antwort: “Bei Normbedingungen, natürlich.”

Damit schrumpfte der Volumenstrom bei Umrechnung mittels idealem Gasgesetz auf:

Q_oper = Q_std × (P_std / P_oper) × (T_oper / T_std)

= 2.500 m³/h × (1/43) × (318/288) ≈ 64 m³/h

Die neue Geschwindigkeit:

v = 0,018 m³/s / 0,217 m² ≈ 0,09 m/s

Perfekt! Ein einziges Filterelement konnte die Anforderungen erfüllen. Wir bereiteten bereits das Angebot vor.


Akt III – Ein Tippfehler – und die Wende

Kurz vor dem Absenden schrieb der Kunde: “Wenn die Filtergeschwindigkeit 2 m/s betragen darf, wie viele Filterelemente brauchen wir?”

Das widersprach der bisherigen Angabe von 0,2 m/s. War der Volumenstrom möglicherweise doch auf Betriebsbedingungen bezogen?

Wir entschieden uns für Transparenz und rechneten beide Szenarien durch:

  • Bei 2 m/s: nur 2 Elemente nötig
  • Bei 0,2 m/s: 16 Elemente erforderlich

Am nächsten Morgen kam die Korrektur: “Entschuldigung, Tippfehler. Es sind 0,2 m/s bei 42 bar.”

Endlich Klarheit.


Akt IV – Die endgültigen Berechnungen

  • Betriebsvolumenstrom: 0,694 m³/s
  • Filterfläche je Kappe: ca. 0,217 m²
  • Benöigte Kappen: 0,694 / (0,2 × 0,217) ≈ 16 Stück

Druckverlust laut Ergun-Gleichung: nur 0,03 bis 0,04 bar – ausreichend Puffer.


Akt V – Konstruktion der Parallelanordnung

Die Berechnung ist das eine, die praktische Umsetzung das andere. Wir entschieden uns für zwei symmetrische Verteiler mit je acht Kappen. Versorgt wurden sie über einen 2-Zoll-Schlauchanschluss (Schedule 160), druckfest bis 50 bar. Jeder Filter bekam ein separates Absperrventil zur Wartung.

Mittels CFD-Modellierung entdeckten wir eine leichte Rückströmung an einer Kappe. Ein Diffusor löste das Problem.


Akt VI – Werkstoff, Sicherheit & Tests

Bronze ist zwar inert, aber bei 42 bar Sauerstoff müssen Materialien hochrein sein. Wir wählten ASTM C-613 Klasse 20 und spezifizierten eine Entfettung nach ASTM G-93 Level C.

  • Berstdruck > 200 bar (ISO 4022)
  • Kriechfestigkeit > 20.000 h bei 60 bar & 60 °C

Zur Qualitätssicherung boten wir einen Live-Test an: Ein Musterfilter in unserem Prüfstand mit Echtzeit-ΔP-Messung – Ergebnis ±8 % Abweichung vom Modell.


Akt VII – Abschluss und Auslieferung

Nach Freigabe aller Daten ging die Bestellung über 16 Kappen und die Verteiler ein. Heute stehen zwei Reihen bronzener Zylinder nebeneinander – und reinigen Tag für Tag Sauerstoff, während das Manometer konstant 0,04 bar Differenzdruck zeigt.


Lernpunkte für Filtrationsexperten

  1. Norm- vs. Betriebsvolumen: Immer zuerst klären! Eine falsche Annahme kann Faktor 40 bedeuten.
  2. Strömungsgeschwindigkeit genau erfragen: 0,2 vs. 2 m/s entscheidet über 1 oder 16 Filter.
  3. Konservative Formeln nutzen: Ergun reicht für erste Abschätzung.
  4. Verteiler professionell planen: Gleichmäßige Verteilung ist genauso wichtig wie Filtergröße.
  5. Reinigung bei Sauerstoff: Hochwertige Bronze, entfettet, druckgetestet.
  6. Praxistest anbieten: Realer ΔP-Verlauf schafft Vertrauen.

Epilog – Vom Zahlenspiel zur Erfolgsgeschichte

Manchmal beginnt ein Projekt mit einem Tippfehler – und endet mit 16 perfekt ausbalancierten Filterelementen. Diese Geschichte zeigt: Die besten Lösungen entstehen im Dialog. Ingenieurskunst ist Kommunikation. Wir danken unserem Kunden für das Vertrauen.

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