In der Welt der Präzisionsmesstechnik tragen die kleinsten Komponenten oft die größte Verantwortung. Besonders in elektrochemischen Systemen, bei denen jedes Material präzise auf die chemische Reaktion abgestimmt sein muss, kann eine falsche Materialwahl schwerwiegende Folgen haben.
Einer unserer internationalen Kunden trat kürzlich mit einer scheinbar einfachen Anfrage an uns heran – doch sie entwickelte sich zu einem hochkomplexen technischen Projekt mit tiefgreifender Zusammenarbeit. Ziel war es, eine geeignete gesinterte Filterdisc für ein iod-basiertes Elektrolysesystem auszuwählen. Auf den ersten Blick ging es nur um eine bestimmte Größe. Doch schnell stellte sich heraus: Der Erfolg des gesamten Systems hing von einer entscheidenden Anforderung ab – das Filtermaterial durfte keinesfalls die elektrochemische Reaktion stören.
Schritt 1: Eine einfache Anfrage – oder doch nicht?
Die ursprüngliche Nachricht des Kunden lautete:
„Die Filterdisc wird hier eingesetzt. Durchmesser 20 mm, Dicke 3 mm. Die Elektrolyse findet zwischen Iod und Reagenz statt. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Disc.“
Man erkundigte sich, ob unsere Standardprodukte aus gesintertem Polyethylen (PE) in dieser Größe verfügbar seien. Diese Größen bieten wir regulär an – aus produktionstechnischer Sicht war es also kein Problem.
Doch der Satz „Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Disc“ ließ uns aufhorchen. Wir wussten: Diese Disc ist Teil einer hochsensiblen elektrochemischen Umgebung.
Schritt 2: Zwischen den Zeilen – und den Elektroden – lesen
Wir stellten gezielt Rückfragen, um mehr über den Einsatz zu erfahren: Fließt ein Strom durch die Disc? Kommt sie mit Elektroden in Kontakt? Gibt es hohe Spannungen oder Temperaturen?
Die Antwort enthielt den entscheidenden Hinweis:
„Es gibt ein Platinnetz innen und außen. Die Spannungsdifferenz beträgt 1000 mV bis 12.000 mV. Leitfähige Filterdiscs dürfen nicht verwendet werden, da sie den Elektrolyseprozess stören könnten.“
Zudem wurde ein wissenschaftlicher Artikel der American Chemical Society (Analytical Chemistry) geteilt, in dem ausdrücklich vor der Verwendung leitfähiger Materialien oder bestimmter Keramiken in elektrochemischen Setups gewarnt wird. Grund: Solche Materialien können unerwünschte Nebenreaktionen oder elektrische Feldverzerrungen verursachen, was die Genauigkeit der Analyse gefährdet.
Nun war klar: Die Filterdisc ist nicht einfach ein passives Bauteil, sondern Teil der elektrochemischen Grenzfläche. Sie musste elektrisch inert, chemisch stabil und mechanisch zuverlässig sein.
Schritt 3: Technische Analyse – Ist PE wirklich geeignet?
Wir bewerteten den gesamten Anwendungsfall:
- Elektroden: Platinnetz innen und außen
- Spannungsbereich: 1 – 12 V
- Temperatur: max. 40 °C
- Medium: Iod + Reagenz
- Kritische Anforderungen:
- Keine elektrische Leitfähigkeit
- Keine elektrochemische Aktivität
- Keine Reaktion mit Iod
- Mechanisch formstabil
Materialvergleichstabelle:
Material | Leitfähigkeit | Iodbeständigkeit | Elektrochemische Neutralität | Lieferfähigkeit | Kosten |
---|---|---|---|---|---|
Sinter-PE | Exzellent (Isolator) | Sehr gut | Sehr niedrig | ✅ Standard | Günstig |
PTFE (porös) | Exzellent | Exzellent | Gering | ❌ Werkzeug nötig | Mittel |
Keramik | Isolator | Gut | Hohe Oberflächenladung | ❌ Spröde | Mittel |
Glasfritte | Isolator | Schwach | Mittel | ❌ Zerbrechlich | Günstig |
Das Ergebnis: Sinter-PE war der klare Sieger – und zwar nicht nur wegen der Standardverfügbarkeit, sondern aufgrund technischer Argumente.
Schritt 4: Wissenschaftlich fundierte Empfehlung
Wir übermittelten dem Kunden ein ausführliches technisches Gutachten:
- PE ist ein hervorragender elektrischer Isolator (Spezifischer Widerstand ca. 10¹⁶ Ω·cm).
- Chemisch inert gegenüber Iod – keine Reaktion bei Raumtemperatur.
- Keine Oberflächenladung, also kein Risiko für sog. junction potentials.
- Porengröße anpassbar (zwischen 10–70 µm) zur Optimierung des Ionendurchflusses.
- Mechanisch stabil bei leichtem Druck, ohne zu brechen oder sich zu verformen.
Wir wiesen auch darauf hin, dass Glas- oder Keramikmaterialien trotz ihrer Isolationsfähigkeit durch Oberflächenpolarität problematisch sein könnten.
Schritt 5: Alternative Perspektive – PTFE als langfristige Option
Zusätzlich schlugen wir dem Kunden eine weiterführende Lösung vor:
Für zukünftige Anforderungen, z. B. höhere Temperaturen oder aggressivere Chemikalien, könnte poröses PTFE infrage kommen.
Vorteile von PTFE:
- Exzellente chemische Resistenz
- Gleichermaßen elektrisch inert
- Etwas teurer & benötigt Sonderwerkzeuge
Das wurde vom Kunden positiv aufgenommen. Es zeigte, dass wir nicht nur kurzfristig liefern, sondern langfristige Partnerschaften unterstützen.
Schritt 6: Feinabstimmung vor Angebotserstellung
Bevor wir das Angebot finalisierten, baten wir um letzte technische Details:
- Ziel-Porengröße bzw. Ionenwiderstand – für das optimale Verhältnis von Durchfluss und Filtrationsgenauigkeit
- Druckbelastung / Klemmkraft – PE hält bis zu 3 MPa stand
- Toleranzen – Standard ±0,05 mm, aber anpassbar bei Bedarf
Mit diesen Informationen konnten wir innerhalb einer Woche eine erste Mustercharge von 20 × 3 mm Discs liefern.
Fazit: Vom Maßanforderung zur technischen Beratung
Was mit einer simplen Größenanfrage begann, wurde zu einem tiefgreifenden technischen Dialog. Der Kunde hatte spezifische elektrochemische Bedenken – und wir lieferten Antworten, Lösungen und Alternativen auf wissenschaftlicher Basis.
Unsere PE-Disc war am Ende nicht nur das passende Produkt – sie war die passende Lösung für eine sensible elektrochemische Schnittstelle.
Diese Zusammenarbeit erinnerte uns daran, dass guter B2B-Service nicht nur darin besteht, eine Dimension zu bestätigen, sondern die Anwendung zu verstehen – und im Zweifel über Chemie, Physik und Materialwissenschaften zu sprechen.
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